Die Core Facility Microfluidics an der Universität Heidelberg setzt die 3D-Drucktechnologie der Projektionsmikro-Stereolithografie (PµSL) von Boston Micro Fabrication (BMF) erfolgreich ein. Mit Mikrobauteilen wie Mikrotiterplatten, verschiedenen mikrofluidischen Geräten und „Organs on a Chip“ werden anspruchsvolle Forschungsprojekte unterstützt.
An der Universität Heidelberg, mit Gründung im Jahre 1386 die älteste Universität Deutschlands, entstand 2022 das Institute for Molecular Systems Engineering and Advanced Materials (IMSEAM). Die Aufgabe des IMSEAM besteht darin, neue Materialien, Methoden und Technologien aus synthetischen und natürlichen Bausteinen auf molekularer Ebene zu entwickeln und dabei komplette Systeme vom Molekül bis zur Funktion zu betrachten. Vier Forschungsgruppen und zwei Nachwuchsgruppen arbeiten derzeit am IMSEAM an Grundlagen und Anwendungen für die Materialentwicklung, die organische Elektronik, die Umwelttechnologie und die Medizin. Das IMSEAM bietet drei Kerneinrichtungen auf dem Gebiet der Herstellung und Charakterisierung von Bauelementen (IMSEAM Core Facility), der Charakterisierung weicher (Bio-)Materialien und der Mikrofluidik für andere Universitätsgruppen.
Wissenschaftliche Einrichtung für Mikrofabrikation und Mikrofluidik
Die Mikrofluidik ist ein aufstrebendes Gebiet und findet Anwendung in verschiedenen Disziplinen. Angefangen beim Verständnis von Strömungsmechanismen, über die Erzeugung synthetischer Zellen mit tröpfchenbasierter Mikrofluidik, kontinuierlicher Mikrofluidik bis hin zu komplexen Organ-on-a-Chip-Modellen. Die Microfluidics Core Facility (µFlu CF) hat sich zum Ziel gesetzt, allen interessierten Forschungsgruppen an der Universität dieses wertvolle Werkzeug zur Verfügung zu stellen. So werden Forscher mit Beiträgen zum Projektdesign, zur Herstellung von mikrofluidischen Chips und bis hin zur Durchführung von Experimenten in Biosicherheitslaboren unterstützt. „Im Mai 2022 haben wir damit begonnen, die ersten Instrumente für die Herstellung und Analyse mikrofluidischer Chips zu beschaffen“, berichtet Dr. Sadaf Pashapour, Projektleiterin der Core Facility. Traditionell wird mit Hilfe der Fotolithografie ein Masterwafer auf einem mit Fotolack beschichteten Siliziumwafer erzeugt. Dazu wurde ein Maskless Aligner beschafft, der 2D-Geometrien mit 1 bis 200 µm in Z-Höhe herstellen kann. Ergänzend muss die Höhe der erzeugten Struktur mit einem Interferenzprofilometer gemessen werden. Der Höhenunterschied zwischen Siliziumwafer und belichtetem Fotolack liegt in einem Messbereich von 1µm bis zu 2-3mm. „Ergänzend zu diesem Verfahren, das nur gerade Wände erzeugen kann wollten wir jedoch auch 3D-Geometrien herstellen“, sagt Dr. Pashapour. „Deshalb haben wir uns nach einem geeigneten 3D-Drucker umgesehen.“
Entscheidung für die PµSL-Technologie
Nach einer ausführlichen Marktrecherche wurde ein typisches Design ausgewählt und vier oder fünf Anbietern zugesandt. „Bei uns besteht die Herausforderung darin, enge Kanäle mit möglichst glatten Wänden zu drucken, damit es später keine Turbulenzen gibt“, erklärt Dr. Pashapour. „Nur BMF konnte das Musterteil perfekt produzieren.“ Dazu hat das Unternehmen die entwickelten Projektionsmikro-Stereolithografie (kurz PμSL) entwickelt, mit der man die richtige Auflösung, Genauigkeit und Präzision für die Mikrofertigung erreicht. Als Form der Stereolithographie (SLA) erfordert sie eine Digital Light Processing Engine (DLP), eine Präzisionsoptik, eine hochgenauen Bewegungssteuerung und zugehörige Software. Wie bei SLA werden Bauteile in Schichten zerlegt und mit einer Lichtquelle auf flüssiges, fotosensitives Harz projiziert. An den belichteten Stellen findet eine polymere Vernetzung und Verfestigung statt. Bei der PμSL-Technologie bewirkt ein ultravioletter (UV) Lichtblitz die schnelle Fotopolymerisation einer ganzen Harzschicht. Um eine schnellere Verarbeitung zu gewährleisten wird mit einer kontinuierlichen Belichtung gearbeitet. Basierend auf dieser Technologie bietet BMF 3D-Druckplattformen mit unterschiedlicher Auflösung an: Das Spitzenmodell microArch S230 erreicht eine optische Auflösung von 2µm bei einer Schichtdicke von 5µm bis 20µm. „Aus Budgetgründen haben wir uns jedoch für einen microArch S140 entschieden, ein Desktop Modell mit 10µm Auflösung“, sagt Dr. Pashapour. „Dieses unglaubliche Gerät bringt sehr gute Resultate.“
Installation und Einführung
Der microArch S140 bietet einen Bauraum von 94 x 52 x 45 Millimeter und bietet damit ausreichend Platz. Die Plattform ist materialoffen – es können nicht nur die von BMF angebotenen Materiale verwendet werden, sondern auch geeignete Produkte von Drittanbietern. Im Gegensatz zu anderen Herstellern erlaubt BMF auch weitgehende Eingriffe in die Druckparameter, damit die Anwender die gewünschten Ergebnisse unteroptimalen Bedingungen erreichen. Nach der Installation fand eine umfassende Einführung statt: „Eine ganze Woche wurde die Einführung Schritt für Schritt durchgeführt und die gesamte Theorie hinter dem Gerät sehr gut erklärt, damit wir wirklich alle Funktionen des Druckers verstehen,“ freut sich Dr. Pashapour. „Als ich dann die ersten eigenen Projekte drucken wollte, erhielt ich Unterstützung in einer Messenger-Gruppe. Dort wird richtig schnell geantwortet.“ Seit September 2023 arbeitet der microArch S140 nun rund um die Uhr – bis auf eine Weihnachtspause. Seitdem musste Dr. Pashapour einmal die Membran wechseln und erhielt dazu einen Online-Kurs.
Beste Ergebnisse an der Spitze der Forschung
Inzwischen haben sich die neuen Möglichkeiten der Core Facility Microfluidics nicht nur am Campus herumgesprochen. Hier wurden bereits für rund 20 Forscher Projekte bis zum fertigen Chip bearbeitet. Inzwischen bestehen Kollaborationen mit der TU München, dem Leibnitz-Institut in Saarbrücken und bis nach Chile. Der Drucker arbeitet die ganze Woche Tag und Nacht. „Damit ich die Prioritäten richtig vergeben kann, bediene ich den Drucker alleine,“ sagt Dr. Pashapour. „Während der Drucker läuft, kann ich neue Projekte vorbereiten, Bauteile nachbearbeiten oder meinen anderen Aufgaben nachgehen.“
Besonders wertvoll ist die Möglichkeit, mit dem gelben Harz direkt auf einen Glasträger drucken zu können. „Durch die bessere Sicht können wir die Vorgänge der Mikrofluidik besser analysieren“, sagt Dr. Pashapour. „Allerdings würden wir uns eine Software-Unterstützung für das mikron-genaue Ausrichten der Glasplatte auf der Bauplatte wünschen – dazu benutzen wir nun Schieblehren.“ Verschiedene weitere Projekte, von Würfeln mit 150µm-Hohlräumen über 3D-gedruckte Mikrovertiefungen mit einem Durchmesser und einer Tiefe von 80µm und einem Abstand von 20µm bis zu 100µm feinen Gitternetzen für zellinduzierte Verformungen wurden erfolgreich abgeschlossen. „Der S140 erfüllt unsere Anforderungen an Genauigkeit und Präzision jedes Mal – die Oberflächen werden genauso glatt, wie wir sie brauchen“, sagt Dr. Pashapour. Neben festem Harz würde sie gerne elastische Materiale verwenden, etwa für eine synthetische Lunge als „Organ on a Chip.“ Erst einmal war ein Design zu komplex für den 3D-Drucker. „Das haben wir an den Support von BMF geschickt“, erklärt Dr. Pashapour. „Vielleicht lassen sich die 100 Mikrometer-Streben mit dem 2µm-Drucker realisieren.“